Interview mit Frau Christina Eberle, Tierschutzbeauftragte von Mannheim und Aktion Bully e.V.

 

1.    Vorstellung Ihrer Person, Eckdaten (Amtsantritt, früheres Engagement im Tierschutz etc.) Was hat sie persönlich dazu bewegt dieses Amt einzunehmen und sich für den Tierschutz zu engagieren?

Frau Eberle:

Mein Name ist Christina Eberle, ich bin 32 Jahre alt und von Beruf Rechtsanwältin. Seit September 2016 bin ich erste ehrenamtliche Tierschutzbeauftragte der Stadt Mannheim. Diese Position ist auf kommunaler Ebene bislang einzigartig in Deutschland. Tierschutz ist mir eine Herzensangelegenheit und ich engagiere mich seit Jahren ehrenamtlich
für Tiere. In meiner Funktion kann ich an der Schnittstelle zwischen Politik, Verwaltung und den Bürgern einen Beitrag dazu leisten, den Tierschutz in Mannheim zu verbessern.

2.    Das Amt der Tierschutzbeauftragten ist für viele fremd / unbekannt. Welche Aufgaben und welche Funktion hat ein Tierschutzbeauftragter im Allgemeinen? Wie sieht Ihr Alltag in diesem Amt im speziellen aus? Mit welchen Fragen / Problemen kann sich die Allgemeinheit an einen Tierschutzbeauftragten wenden? Welche Möglichkeiten haben Sie bundesweiten Einfluss in Tierschutzthemen zu nehmen? In wie fern bringen Sie sich für bundesweite Tierschutzangelegenheiten ein?

Frau Eberle:

Als Tierschutzbeauftragte bin ich Ansprechpartner für alle, die mit dem Thema Tierschutz in Mannheim zu tun haben, seien es engagierte Bürgerinnen und Bürger, Tierschutzorganisationen oder Mitglieder der Verwaltung oder des Gemeinderats. Meine Aufgaben liegen unter anderem darin, Bürgeranfragen zu beantworten, die Verwaltung und den Gemeinderat bei tierschutzrelevanten Fragestellungen zu beraten und die Arbeit von Tierschutzorganisationen zu unterstützen. Daneben erarbeite ich Konzepte und Projekte rund um das Thema Tierschutz. Ein zentraler Aspekt liegt dabei im Bereich der
Aufklärungsarbeit.

Meine Tätigkeit besteht in der Arbeit im Bereich des Tierschutzes als übergeordnetem Themenkomplex. Für Einzelfälle falscher Tierhaltung beziehungsweise Verstöße gegen das Tierschutzgesetz bin ich nicht die richtige Ansprechpartnerin. Hier ist die Tierschutzbehörde zuständig, da ich im Rahmen meines Ehrenamts schon aus rechtlichen Gründen in diesen
Fällen nicht tätig werden darf.

In erster Linie bezieht sich meine Tätigkeit auf das Mannheimer Stadtgebiet. Allerdings sind die Themen, die hier eine Rolle spielen, oft auch Themen, die bundesweit relevant sind. Ein Beispiel hierfür ist die Aufklärungsarbeit zum Thema illegaler Welpenhandel. Daneben bin ich im Bereich Tierschutz gut vernetzt, auch über die Mannheimer Stadtgrenzen hinaus.

3.    Welche aktuellen Projekte in der Region verfolgen Sie? Welche zukünftigen Projekte sind in Planung? Mit welchen Grenzen / Problemen sind Sie bei Ihrer Arbeit konfrontiert? Wie bewerten Sie das politische Interesse am Thema Tierschutz? Wie kann man das Thema für die „große“ Politik interessanter machen? Wie kann man das Thema für die Bürger/-innen interessant machen?

Frau Eberle:

Gerade die Arbeit mit Kindern ist sehr wichtig, um diese schon früh für das Thema Tierschutz zu sensibilisieren. Hierzu habe ich das Projekt „Tierschutzstunde im Kindergarten“ gestartet. In Zusammenarbeit mit Ehrenamtlichen besuche ich Kindergärten und spreche mit den Kleinen über kindgerecht aufgearbeitete Tierschutzthemen.

Aktuell beschäftige ich mich mit dem Thema Nutztierhaltung. Dies ist auch hier in Mannheim ein Thema, da es im Stadtgebiet Nutztierhaltungen und einen Schlachthof gibt. Tierschutz wird in der Politik leider nach wie vor stiefmütterlich behandelt. Als Tierschutzbeauftragte habe ich die Erfahrung gemacht, dass der Tierschutz vielen Menschen am Herzen liegt und sie sich von der Politik mehr Engagement in diesem Bereich wünschen würden.

Mannheim hat als erste Stadt in ganz Deutschland die Position einer kommunalen Tierschutzbeauftragten geschaffen und nimmt in dieser Hinsicht eine Vorreiterrolle ein. Ich würde mir wünschen, dass auch andere Städte dem Mannheimer Beispiel folgen würden.

4.    Inwiefern unterstützen Sie die Arbeit von lokalen Tierschutzvereinen (Tierheime, Futteranker & Co)? Was kann hier Ihrer Meinung nach verbessert werden und wie? Würden Sie lokale Kampagnen für örtliche Tierheime unterstützen oder sogar selbst organisieren (Adoptionsplakate für die Region, Tierschutztage in der Stadt u.a.)

Frau Eberle:

Als Tierschutzbeauftragte kann ich mit entsprechender Öffentlichkeitsarbeit dazu beitragen, auf die wichtige Arbeit von Tierrechts- und Tierschutzorganisationen in Mannheim aufmerksam zu machen. Im letzten Jahr habe ich zum Beispiel eine Kooperation vom Mannheimer Futteranker e.V. und dem SWR-Jugendportal „DasDing“ organisiert.

Der Sender drehte zum Thema „Gerechtigkeit für Tiere“ einen für die sozialen Medien bestimmten Bildbeitrag, der die Arbeit des Vereins zeigt. Die Berichterstattung in den Medien ist gerade für Organisationen wichtig, um deren Arbeit mehr in den Fokus der Öffentlichkeit zu rücken.

Über die Anfrage zur Übernahme der Schirmherrschaft für den Bullyrummel habe ich mich sehr gefreut. Eine Veranstaltung wie diese verbindet Spaß für Mensch und Tier mit der Aufklärungsarbeit zum Tierschutz und kann so viele Menschen erreichen.

5.    Noch immer herrscht allgemeine Unsicherheit wie, wann und wohin beobachtetes Tierleid gemeldet werden kann/soll. Wie kann dies verbessert werden? Wohin wenden sich Bürger/-innen im Notfall? Ganz oft wird Resignation bezüglich der zuständigen Veterinärämter laut, da gemeldete Anliegen mit wenig Interesse verfolgt werden oder aufgrund der gesetzlichen Mindestbestimmungen zu pauschal betrachtet werden. Oft vergeht auch wertvolle Zeit bis überhaupt ein Eingriff von öffentlicher Seite erfolgt. Wie kann man die Vermittlung/ den Dialog der beiden Interessengruppen verbessern? Wo können Vereine oder der einzelne Bürger sich sinnvoll einbringen und unterstützen?

Frau Eberle:

Bei einem Verdacht auf Tierquälerei beziehungsweise auf einen Verstoß gegen das Tierschutzgesetz sind die Polizei oder die Mannheimer Tierschutzbehörde zu informieren. Findet man ein verletztes Wildtier, benachrichtigt man am besten die Leitstelle der Stadt Mannheim unter der Telefonnummer 0621 293 2933.

Als Tierschutzbeauftragte ist es auch meine Aufgabe, bei Problemen zwischen Bürgern und den Behörden zu vermitteln. Es kommt vor, dass sich Bürger an mich wenden, die unzufrieden mit dem Handeln der Verwaltung sind beziehungsweise eine getroffene Entscheidung nicht nachvollziehen können. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass es wichtig ist, dem Bürger die
Hintergründe des behördlichen Handelns zu erklären und verständlich zu machen, wodurch sich viele Probleme bereits erledigen. Grundsätzlich ist der Austausch zwischen Organisationen und der Verwaltung wichtig, um aktuelle Missstände im Tierschutz aufzuzeigen und über mögliche Lösungswege zu sprechen.

6.    Welche Anreize können Sie Hundehaltern geben um einen
verantwortungsbewussten Umgang mit dem Thema Hund zu fördern? Was ist hier realistisch und umsetzbar (kurzfristig / langfristig) Beispiele: Hundesteuerersparnis bei Vorlage eines Hundeführerscheins,
Kennzeichnungspflicht / Registrierungspflicht via Chip, Hundeparks und -flächen, „Bildungsgutscheine“ für Basistraining in Kooperation mit zertifizierten Hundetrainern / Hundeschulen

Frau Eberle:

Tiere zu halten, bedeutet Verantwortung zu übernehmen. Menschen sollten sich gründlich informieren, bevor sie sich ein Haustier zulegen und diese Entscheidung vernünftig durchdenken. Ein Tier ist ein lebendes Wesen, das man nicht einfach wieder umtauschen kann, wenn es einen überfordert. Man benötigt viel Zeit sowie ein ausreichendes Budget für Futter, Ausstattung oder Tierarztkosten.

Als Tierhalter sollte man sich immer die Frage stellen,
ob man den Ansprüchen des Tieres gerecht werden kann. Tiere sind keine Spielzeuge und nicht als Belustigung oder Zeitvertreib für den Menschen auf der Welt. Ein sehr sinnvoller Ansatz, um den verantwortungsvollen Umgang mit Hunden zu fördern, ist die Steuerersparnis bei Erwerb eines Hundeführerscheins. In Mannheim gilt seit dem Jahr 2016 die Regelung, dass Hundehalter, welche erfolgreich eine Hundeführerschein-Prüfung absolviert haben, zwei Jahre lang von der Hundesteuer befreit werden.

Zudem sollte in Städten eine ausreichende Anzahl von Hundeauslaufflächen vorhanden sein. Solche Freilaufwiesen müssen eingezäunt und verkehrssicher sein. Sind zu wenige oder lediglich ungeeignete Flächen vorhanden, führt dies zwangsläufig zu Problemen, da die Halter dann häufig auf andere Grünflächen, die nicht für Hunde bestimmt sind, ausweichen. Präventionsarbeit ist gerade zum Thema Tierhaltung sehr wichtig und muss möglichst frühzeitig ansetzen. Schon Kindern sollte man zeigen, wie ein respekt- und verantwortungsvoller Umgang mit Tieren aussieht.

Daher sollte Tierschutzunterricht in Kindergärten und Schulen angeboten und Projekte zum Tierschutz ausgebaut und gefördert werden.

7.    Die französische Bulldogge platziert sich in den letzten Jahren kontinuierlich in den obersten Rängen der beliebtesten Hunderassen. Diesem Trend steht leider oft falsch verstandene Tierliebe und falsche Zuchtoptimale entgegen (Qualzucht, Kindchenschema, Kindersatz, Vermenschlichung u.a.) Aktion Bully e.V. setzt sich vermehrt dafür ein, dass sich diese Verhältnisse für die Rasse bessern (Aufklärung, Beratung, Unterstützung in vielen Bereichen von Gesundheit bis Erziehung uvm.)

Frau Eberle:

Dem Thema Zucht stehe ich sehr kritisch gegenüber, insbesondere wenn es in Richtung Qualzucht geht. Viele sogenannte Rassehunde leiden aufgrund der Inzucht und der falschen „Zuchtziele“ unter gesundheitlichen Problemen.

Dies muss nicht sein und hat auch nichts mit Tierliebe zu tun. Deshalb begrüße ich die Aufklärungsarbeit, die von Bully e.V. zu diesem Thema geleistet wird, und möchte die Arbeit des Vereins gerne unterstützen.
Der Verkauf von Hundewelpen, welche aus tierschutzwidrigen Haltungen stammen, zu niedrigsten Preisen ist leider deutschlandweit ein immer größer werdendes Problem. Häufig stammen die Tiere aus Zuchtfabriken in Osteuropa und werden in Deutschland illegal verkauft.

Die Tiere sind meist krank, nicht geimpft oder leiden unter Verhaltensstörungen. Hier muss vor allem mit Aufklärungsarbeit angesetzt werden. Zum Thema illegaler Welpenhandel konnte ich kürzlich einen Artikel in der lokalen Presse anregen, der auf dieses Problem aufmerksam macht. Ferner gebe ich Hinweise auf meiner Homepage, wie man solch unseriöse Angebote erkennen kann.

Der Link hierzu lautet:

https://www.mannheim.de/sites/default/files/2018-1/IllegalerWelpenhandel.pdf

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